TRIGGERWARNUNG - ESSSTÖRUNG | DYSMORPHOPHOBIE

Endlich fühle ich mich wieder bereit, einen Blogpost zu schreiben und damit emotionsgeladene Bilder hochzuladen.

Es ist seltsam wie sich Zeit verändert wenn man leidet oder glücklich ist. Ich fühle mich oft, als würde ich meinen Alltag von außen betrachten. Nichts scheint richtig real zu sein, aber eine Fantasie ist es auch nicht. Die letzten Wochen waren sehr, naja, irgendwie alles und nichts.

Interessanter Weise komme ich mit dem Borderline immer besser klar. Natürlich gibt es Tage, die laufen einfach garnicht gut. Aber sowas ist normal und nicht weiter bedenklich. Derzeit macht mir mein Entschluss gegen die Essstörung anzukämpfen eher zu schaffen.

Seit nun fast 2 Jahren schlage ich mich damit rum, drehe mich im Kreis und starte immer wieder erneute Versuche, entweder tiefer rein oder wieder raus. Doch jetzt scheine ich den Weg gefunden zu haben, endgültig raus aus diesem Wahn. Raus aus dem Selbsthass und rein in die Selbstliebe.

So einfach wie es klingt ist es jedoch nicht. Gerade in den letzten Tagen habe ich meinen Körper mehr gehasst als in den letzten Monaten insgesamt. Ich dachte viel daran, wie einfach es wäre in 2 Wochen 4kg abzunehmen und wieder Kalorien zu zählen. Ich dachte daran, was es mir für ein Gefühl gibt. Kontrolle. Endlich Kontrolle. Diese Gedanken flogen die ganzen letzten Tage in meinem Schädel umher. Ich hatte immer einen Kloß im Hals, immer kurz davor los zu schreien und zu weinen. Oh, wie einfach es doch wäre wieder in alte Muster zu verfallen. Wie eine Heimat, eine warme kuschelige Decke. Ich müsste nicht mehr Kämpfen. Alles was ich täte wäre, langsam dahin scheiden.

Was für eine süße Verführung.
Ich wurde in dieser Zeit sehr auf die Probe gestellt. Emotionen überfluteten mich und wie Sirenen zogen sie mich in die Tiefe. Unsicherheiten, Probleme die nicht mir gehörten, Erinnerungen an vergangene Zeiten… Zu allem Überfluss noch starke Kopfschmerzen, Menstruation und eine Erkältung.

Es gab Momente, da lag ich einfach nur da und dachte mir: “Warum ich? Womit habe ich das verdient? Darf ich nicht auch mal glücklich sein?” - Woran ich nicht dachte, waren die Wochen davor. Die Wochen in denen ich einen Schritt nach dem Nächsten machte, immer das Ziel vor Augen. Das Ziel, gesund zu werden. Ich dachte nicht daran, dass ich das erste Mal seit langem ein Familienfest einfach nur genießen konnte, ohne über die Kalorien nach zu denken. Ich vergaß, dass ich seit Wochen keine Herzrhythmusstörungen mehr hatte. Ich habe so viel erreicht - und doch sagte mir mein Kopf ich sei eine Verliererin, weil ich mich nun nicht mehr restriktierte und ein wenig zugenommen habe.

Ich weiß, Menschen die nicht in solchen Situationen drin stecken verstehen den Kampf nicht, den man jeden Tag mit sich selbst hat. Manche sind sogar irgendwann davon genervt, wenn jemand darüber spricht. Genau deswegen spreche ich aber darüber. Um Vorurteile und Unwissenheit zu lösen.

Heute ist der erste Tag seit 2 Wochen, an dem ich mich gut fühle in meinem Körper. Dieses Fotoshooting habe ich ihm gewidmet. Die Weisheit die in ihm steckt und die Stärke die er ausstrahlt ist unglaublich. Ich möchte mich einfach nur dafür bedanken, dass ich noch existiere. Trotz der Schmerzen die ich ihm zugefügt habe. Trotz der Narben und der Hungerschreie… Ich bin hier. Das bin ich. Endlich.

Es ist noch ein weiter weiter Weg und es wird immer wieder Momente geben, die mich und meinen Geist testen. Doch ich bin bereit. Ich bin bereit für diese Herausforderungen und den mit einhergehenden Veränderungen.

Seit ich denken kann, wollte ich meinen Körper immer verändern, ich habe ihn nie so akzeptiert wie er ist. Ich habe mein Gesicht gehasst, meine unterschiedlich großen Augen und Nasenlöcher. Meine Finger waren immer zu kurz und rund. Meine Rippen zu deformiert und herausragend. Meine Beine zu kurz, meine Füße zu klein… Der Gedanke, ein fleischliches Puzzle zu sein, dessen Gliedmaßen aus anderen Puzzeln zusammengetragen wurden, war schon immer da.

Diese Gedanken sollen endgültig verschwinden.

Ich bin bereit meinen Körper zu akzeptieren. Ihn zu respektieren und mich um ihn zu kümmern. Der Weg zur Selbstliebe wird noch dauern, aber das ist in Ordnung. Jetzt wo ich weiß, ich will leben, habe ich Zeit zu lernen mich selbst wertzuschätzen.

Vielen Dank, dass du bis hier her gelesen hast.
Angi

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Roadtrip Teutoburger Wald - Teil 1

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