Hallo Deutschland - Teil 3
Die Sonne blinzelte hinter der Bergkette hervor. Ich stand wie angewurzelt vor unserem Zelt, konnte nicht glauben was ich da sah. Für einen kurzen Moment blieb die Zeit stehen, ich konnte nicht mal mehr die Vögel hören, die eben noch melodisch sangen…
28.07.21
Um 6:00 Uhr in der Früh wagten wir die ersten Schritte aus dem Zelt. Die Nacht war ruhiger und erholsamer als die davor, also waren wir morgens schon gut gelaunt.
Wir erblickten die Berge die Inzell umgaben. Die Sonne tauchte den Zeltplatz in ein warmes Gold, als sie sich aus dem Schatten des Berges schob. Besser hätte es nicht sein können. Magischer hätte es nicht sein können. Mir fehlten die Worte um diesen Anblick zu beschreiben. Immer wieder starrte ich, mit offenem Mund, auf das unwirklich scheinende Bergland .
War das gerade echt mein Leben, oder träumte ich das alles?
Nachdem der erste Schock verdaut war, frühstückten wir Pancakes und Kaffee. Die Vögel sangen und die Sonne verwöhnte uns mit ihrer warmen Begrüßung. Es versprach ein wunderbarer Tag zu werden.
Pünktlich zur Öffnung der Campinganmeldung, waren wir mit unserem Frühstück fertig.
An dieser Stelle ein riesen Kompliment und Dankeschön an die kompetenten und freundlichen Servicekräfte des Camping Lindlbauer. Diese machten es nämlich möglich, dass wir unsere Kühltruhe an deren Stromnetz anschließen konnten und unser Auto auf deren privaten Parkplatz parken durften. Dankeschön!
Unser Zelt wanderte vom Nachtparkplatz zur richtigen Zeltwiese, von der es einen fast noch besseren Ausblick über Inzell und die Gebirgsketten gab.
Ziel des Tages war der ca. 35km entfernte Hintersee, zu dem wir uns ganz entspannt um kurz nach 12 Uhr auf den Weg machten.
Auf der Strecke konnten wir uns garnicht satt sehen an den unzähligen Bergen und der damit verbundenen Natur. Wir hielten um alles intensiver einatmen und verarbeiten zu können. Ein kleiner Bachlauf entlang der saftigen grünen Wildwiese. Schmetterlinge die in der Luft um sich herum tänzelten. Gipfel und Gebirge die mit ihrer Weisheit und immerwährenden Existenz so viel zu erzählen hatten…
Am Hintersee angekommen, wurde der Tag noch schöner. Das eiskalte, blaue Wasser erfrischte unsere Füße und auch Atlas traute sich bis zur Höhe seiner Männlichkeit in das klare Nass.
Wilde Pflanzen säumten das Ufer, kantige Felsen durchbrachen die Wasseroberfläche, die Reflektion der Sonne glitzerte. Es war atemberaubend.
Wir nahmen den Rundweg um den See und verfielen dem Zauber dieser Landschaft. Überall um den See verlaufen kleine, verwinkelte und wilde Wege. Über Wurzeln und Felsen, durch Büsche und unter Zweigen hindurch kann man sich dort wie ein*e Waldelf*in fühlen und der Natur auf nächster Ebene begegnen.
Meine Zimmerpflanzen könnten sich ein Beispiel nehmen, an den unzähligen Bäumen die auf Felsen wachsen. Ein Auf und Ab, Links und Rechts um hinter der nächsten Abbiegung etwas Neues, etwas Erstaunliches zu entdecken. Es war traumhaft und natürlich auch ein Abenteuer, denn unser Urlaub wäre nicht unser Urlaub, wenn nicht irgendwas “schief” gehen würde…
Zum Glück war es diesmal nichts allzu schlimmes, aber es reichte für dieses erinnerungswürdige Foto. Wir bemerkten erst als Atlas sich schon wild auf dem Boden schupperte, dass wir eine Pause in einem Ameisennest gemacht hatten.
Natürlich waren es auch noch rote, ziemlich aggressive Ameisen. Atlas wuselte sich also um das “Brennen” der Bisse zu entgehen, aber das half natürlich nichts, der Schaden war ja schon angerichtet. Er rettete sich in Jonas’ Arme, der ihn behütete und liebevoll umsorgte.
Während Jonas also unseren Hund tröstete, begab ich mich auf Expedition. Ich kletterte auf den ufernahen Felsen und erkundete die umliegende Flora. Als ich wiederkam erzählte ich von meinen Entdeckungen und riet Jonas ebenfalls mal schauen zu gehen.
Ich kümmerte mich um Atlas und Jonas begab sich auf sein eigenes kleines Abenteuer. Barfuß lief er um die Felsen, als er unglücklicherweise in… naja menschliche Hinterlassenschaften trat.
An diesem Punkt wusste ich nicht mehr was lustiger war, Atlas der verrückt umher wuselte oder mein Ehemann der Barfuß in Kot getreten ist… Meine Schadenfreude ging durch die Decke und Jonas Laune in den Keller.
Er wusch seinen Schmuddelfuß im See und schimpfte vor sich hin, als Atlas von Neuem begann sich zu wuseln und wild umherzurennen.
Ein weiteres Ameisennest!
Ich glaube ich muss nicht weiter verdeutlichen wie unglaublich lustig ich das Alles fand… x’D
Die Gemüter beruhigten sich und wir konnten unsere Wanderung fortführen, und all die malerischen Facetten des Hintersees erleben.
Über die Bergkette schoben sich schwere Wolken. Sie trugen saftige Regentropfen mit sich. Zu unserem Glück, waren wir schon fast beim Auto als der Regen einsetzte und wir noch halbwegs trocken unseren Rückweg zum Campingplatz bestreiten konnten.
Zurück beim Zelt kochte ich uns ein leckeres Essen. Ein paar Tropfen fielen zwar noch, aber die Wolken zogen schnell weiter und wir konnten einen wunderbaren Sonnenuntergang genießen, bevor uns wieder ziemlich früh die Augen zufielen.
29.07.21
Auch das Berchtesgadener Land blieb nicht von Überschwemmungen verschont, so konnten wir die geplanten “Klamm” leider nicht besuchen. Stattdessen fuhren wir nach Ramsau, genauer gesagt zum Parkplatz der Wimbachbrücke. Wir hofften hier die Wimbachklamm zu besichtigen, aber auch diese war gesperrt und so gaben wir uns (ich sehr widerwillig) damit zufrieden nur entlang der Wimbach zum Wimbachschloss zu wandern.
Ich war an diesem Morgen nicht so gut drauf, leider hatte ich einen fiesen Lippenherpes und stand kurz vor meiner Periode und dann ging auch noch meine Planung nicht auf. Immer wieder ein frustrierendes Thema, wenn meine Planungen nicht so verlaufen wie ich es mir vorgestellt habe…
Es brühtete während wir stetig aufstiegen. Zwar war die Strecke nur 4,2km lang, aber aufsteigen mussten wir 325m und das in der knallen Sonne. Für zwei Stadtkinder ohne Bergwandererfahrung, garnicht so einfach. Wir machten daher viele Pausen und die Plätzchen die wir uns dafür aussuchten, kann ich kaum in Worte fassen, daher sieh selbst:
Das Wasser war knackig kalt, blau wie der Himmel und reißerisch wie ein Orkan. Dazu flogen sanft zierliche Schmetterlinge um die kantigen Felsen und setzten sich hin und wieder auf meinen Finger. Auch wenn mein Hirn voller negativer Hormone und Stimmungen steckte, schafften es diese Momente mich da raus zu ziehen und mir bewusst zu machen, wie reich ich bin. Wie dankbar ich sein kann, für die Möglichkeiten die ich habe und die mir offen stehen. Wie kostbar dieses Leben ist. Alles nur in einem zarten Flügelschlag eines Schmetterlings…
War es dann Zufall, dass während einer der nächsten Pausen, ein Schmetterling auf Jonas Stirn landete? …Ich glaube nicht, denn Ihm habe ich all diese schönen Erlebnisse zu verdanken. Die Möglichkeit, die Welt mit meinen eigenen Augen zu sehen, mich weiter zu entwickeln, zu wissen das ich sicher bin.
Für dich bin ich besonders dankbar…
Nach langen 4,2km kamen wir dann endlich, völlig verschwitzt und entkräftet, bei dem Gasthaus “Wimbachschloss” an. Eigentlich wollten wir uns nur kurz setzen und was trinken, durften dann aber mit Überraschung feststellen, dass sie tatsächlich 2-3 vegane Gerichte anboten! Wie genial. Ich würde meine Hand ins Feuer legen, dass in Hamburg, in so einer abgelegenen Gaststätte, nicht ein einziges veganes Gericht zu finden wäre. Danke Bayern für diese positive Überraschung!
Ich bestellte mir eine Bowl und Jonas bekam Pasta. Zwar war beides nicht sehr besonders, aber nach der Wanderung war es eine willkommene Stärkung.
Von der Gaststätte aus konnten wir zum Watzmann hochblicken. Der Watzmann ist ein Wahrzeichen vom Berchtesgadener Land und mit seinen 2713m auch das Höchste. Es war ein überragendes Gefühl einen so hohen Berg direkt vor der Nase stehen zu sehen.
Tatsächlich suchten wir den Berg mit unserem Fernglas ab. Hätte ja was magisches dort rumklettern können… sehen konnten wir allerdings nur etwas Eis und viel grüne Flora. Noch schnell ein fesches Foto von Atlas gemacht um dann ein kleines Stück weiter zu gehen…
Quasi hinter uns tat sich dann dieses Gebilde auf. Und ganz ehrlich - ich weiß nicht mehr wie ich das alles noch beschreiben soll. So viele bezeichnende Worte gibt es garnicht…
Laut Karte standen wir hier vor dem Schottmalhorn und dem Schönwandeck - bitte nagelt mich aber nicht drauf fest. Viel wichtiger ist doch, es war überwältigend.
Etwas, an das ich mich wohl nie gewöhnen werde; wie klein man eigentlich wirklich ist…
Der Blick zum kleinen Palfelhorn erinnerte mich an Herr der Ringe und ich hatte sofort Lust auf einen Berg zu klettern und den Ring in die glühende Lava zu werfen… Das Einzig heiße an diesem Tag blieb jedoch die sengende Sonne, also machten wir uns auf den Rückweg zum Auto. Der Abstieg war natürlich 10mal leichter als der Aufstieg, aber nicht weniger schön. So konnten wir nochmal alle Eindrücke des Tages festigen und abspeichern, gemeinsam lachen, weil die Laune wieder besser war und uns auf ein leckeres Abendessen am Zelt freuen.
30.07.21
Unser letzter Tag in Inzell und die Halbzeit unseres Urlaubs planten wir am Königssee zu verbringen. Einer der schönsten Seen Deutschlands - laut der Touri Website - und einer der saubersten - laut Wikipedia.
Wir machten uns ganz entspannt auf den Weg und brauchten ungefähr 40 Minuten bis wir auf den riesigen Parkplatz rollten. Die Menge der parkenden Autos war eine harsche Erinnerung daran, dass dieser See ein wahres Touristenspektakel ist und vermutlich ausschließlich von dem Cash lebt, das die Touris reinpumpen.
Nun denn, eine andere Wahl als die Schiffrundfahrt, oder ausgeliehene Ruderboote, bietet sich aber auch leider nicht um den See zu erkunden, denn es führt nicht ein einziger Wanderweg um das große Gewässer.
Wir planten also ebenfalls mit einem Schiffchen umher zu tuckern. Und nachdem ich kurz noch einen Halt bei einem Kristall und Edelsteinhändler machte, stellten wir uns an eine der Kassenschlangen…
Dabei viel uns ein Schild in die Augen: “Hunde nur mit Maulkorb” stand darauf. Wir hofften auf Gnade, da Atlas doch so klein ist und wir ihn im Arm tragen könnten - aber nein wir wurden hart abgewunken, jedoch nicht bevor uns die nette Kassiererin noch reindrücken konnte, dass es in der Ladenstraße einen Shop mit Maulkörben für kurznasige Rassen gibt. Wir also zurück, hin zu dem besagten Geschäft und meine Vermutung bestätigte sich natürlich; ein viel zu enger, merkwürdig geformter, Stoffmaulkorb bei dem Atlas’ Augen völlig verdeckt waren und er nicht mal Platz hatte um zu Hecheln. Bei gefühlten 34°C ein absolutes No-Go. - eine Maulschlaufe zählt übrigens nicht.
Tja damit zerschlug sich der Plan vom Königssee befahren. Wir waren ziemlich angenervt und traurig, weil unser letzter Tag in Inzell doch bitte genauso schön sein sollte wie die Vorherigen…
Ruderboote gab es natürlich auch nicht mehr, also schnell mal Tante Google gefragt und den Malerwinkel gefunden. Ein Stückchen hinter dem ganzen Touritrubel und dem Ablegersteg befindet sich ein atemberaubender Aussichtspunkt den sich Maler*innen, aus vergangenen Zeiten, zu nutzen gemacht hatten - hätte ich auch wenn ich so malen könnte. Ich kann aber “nur” fotografieren:
Was eine Aussicht oder? Mit der länglichen Form erinnert der See an die Fjorde Norwegens und mit dem klaren, wirklich kalten Wasser war es ein Geschenk an diesem heißen Sommertag.
Wir fanden eine kleine, nicht sehr gemütliche, Stelle zum entspannen und schwammen ein paar Runden. Naja, ich nicht - ich bin ja ein mega Schisser was Gewässer angeht und sobald die flachen Ufer auslaufen ist da einfach nur tiefschwarzes Nichts und eiskaltes Wasser, welches die Beine umgibt und einen zu lähmen droht… Vielleicht nicht ganz so dramatisch.
Aber ich habe mich ein bisschen getraut umher zu schwimmen. Und dafür bin ich, auch Heute noch, sehr stolz auf mich.
Wir fuhren zeitig wieder zurück, denn wir mussten noch packen. Morgen ginge es wieder los zum nächsten Ziel: Garmisch-Partenkirchen.
Wir räumten gerade zusammen als einer unserer Zeltnachbarn, Fabio, uns einlud mit ihm und seinem Vater, Abends zusammen zu sitzen und Wein und Bier zu trinken. Fabio ist mitte 20, sein Vater Stefan irgendwo in den 50ern. Eine ulkige und sympathische Kombination, die Beiden hatten nämlich kein normales Zelt. Sie hatten zwar das Innere eines Zeltes, darüber haben sie aber einfach eine riesige PVC Plane gespannt. Die Ösen der Plane haben sie mit Panzertape an Pfählen befestigt und diese dann in die Erde gehämmert und mit zusätzlichen Seilen gespannt. Jetzt gerade hätte ich echt gerne ein Foto davon, denn all die ganzen extra Sicherungen machten sie erst, als ein Unwetter angesagt, und genau genommen, schon im Anmarsch war. - Übrigens ist es deren Tradition im Sommer ein paar Wochen zusammen zu Zelten. Auch das improvisierte Zelt war tatsächlich eine erprobte und ausgetüftelte Unterkunft.
Während wir gemütlich im Zelt saßen und der Regen auf die Zeltdecke prasselte, keiften - beschreibt es ziemlich genau - die Beiden sich an, dass der Andere doch mal schneller arbeiten solle und Fabio uns ja immerhin eingeladen hat und jetzt gefälligst auch dafür sorgen muss, dass alles hält. Wir amüsierten uns still und heimlich, denn tatsächlich dachten sie, wir seien garnicht da. Um uns also vor einer unangenehmen Situation zu bewahren, harrten wir im Zelt aus, bis einer von uns dann doch mal zur Toilette musste…
Wir setzten uns unter den improvisierten Wetterschutz und wurden reich mit leckerem Rosé und bayrischem Bier verköstigt. Atlas pennte währendessen wie ein Stein in unserem Zelt, fest eingekuschelt in unserem Partnerschlafsack. Zum Glück hat er keine Angst vor Gewitter, denn das Unwetter zog nun direkt über den Campingplatz. Es knallte und schallte durch die Berge. Blitze funkten am Himmel und der Regen schlug gegen die PVC Plane. Es dauerte nicht lang, da hob eine kräftige Windböe die Plane von unten an und riss mehrere der Pfähle und Seile aus dem Boden. Jonas und Stefan sprangen auf während Fabio und ich nicht mehr aus dem Lachen kamen. Es wurde versucht zu reparieren und neu zu festigen, aber schlussendlich saßen wir zu viert am Tisch, jeder ein Stück der Plane fest im Griff, und plauderten über Gott und die Welt. Von Außen vermutlich sehr amüsant und von Innen erstrecht. Es war gemütlich und witzig, wir hatten eine mega schöne und entspannte Zeit mit den Beiden und Fabio schenkte mir sein schönes Clipper Feuerzeug mit einem berühmten 7-blättrigen Blattmuster darauf. Eine Gemeinsamkeit die wir beide hatten. Ich halte es noch heute - jedes Wochenende - in Ehren. Danke!
Ich beende diesen Tag mit Jonas’ Worten aus unserem Reisetagebuch:
”Mit den richtigen Menschen, kann man auch beim Plane festhalten im Gewitter Spaß haben.”
31.07.21
Das Zelt war am Morgen noch feucht, aber wir wollten weiter, also haben wir sehr früh Morgens alle Reste gepackt und sind, nachdem wir uns von Fabio verabschiedeten, los Richtung Oberammergau.
Das Wetter an diesem Tag sah alles andere als rosig aus, aber wir versuchten optimistisch zu bleiben…
Ein kurzer Halt am Chiemsee und wir erreichten den Zeltplatz “Campingpark Oberammergau”
Wir errichteten unser Zelt in kürzester Zeit, mittlerweile hatten wir ja Übung und die Handgriffe saßen perfekt. Wir aßen ein kleines Mittagessen und legten uns danach für ein kleines Nickerchen in unseren Schlafsack.
Da wir so früh angekommen waren, konnten wir uns nach dem Nickerchen entspannt auf den Weg zum Eibsee machen. Wir hätten auch die Zugspitze besuchen können, aber auch hier hätte Atlas einen Maulkorb tragen müssen + die Fahrt ist unrealistisch überteuert, also sind wir lieber den Rundwanderweg um den See gegangen.
Der Rundweg war nicht unbeliebt, manchmal mussten wir anhalten, oder um Leute rumgehen um voran zu kommen. Das verlief sich zum Glück recht schnell, als der Großteil wieder umkehrte.
Das Wasser war tiefblaugrün und der Nebel der tief in den Bergen und Bäumen hing schaffte eine magische Stimmung. Es war ein wunderbares Panorama und wir genossen es sehr mal einen Tag zu haben, an dem es nicht so fürchterlich heiß war.
Eigentlich ist der Eibsee auch ein sehr beliebter Badesee - bis auf zwei unerschrockene Schwimmer, traute sich allerdings nur noch Atlas mit den Pfötchen ins eiskalte Wasser. Wir spielten ein wenig, bevor wir unsere Wanderung fortsetzten. Vorbei an Wasserfällen und immer wieder neuen zauberhaften Aussichten, bestritten wir die 7,5km Rundwanderweg.
Bei ungefähr der Hälfte begann es zu regnen. Ansich erstmal nicht schlimm, immerhin trugen wir doch unsere tollen Derbe Jacken, die wir extra für diesen Urlaub teuer erworben hatten…
Der Regen beschloss uns für den Rest der Wanderung zu begleiten und wurde zunehmends stärker. Und dann kam es wie es ja kommen musste, nach nichtmal 15 Minuten Regen, spürte ich die Tropfen meinen Rücken runterlaufen. Auch meine Arme fühlten sich feucht an.
Sollten die “Regenjacken” etwa garnicht das halten was sie versprachen?!
Jup, leider waren Jonas und ich nach 30 Minuten vollständig durchnässt. Und ich meine vollständig. Von Kopf bis Fuß waren wir in Regen getränkt. Atlas war natürlich ebenfalls am triefen und lief nur noch mit angelegten Ohren, trotzig durch jede Pfütze. Wir taten es ihm gleich und machten uns einen Spaß daraus mal wieder so richtig in Pfützen zu springen oder einander nass zu spritzen.
Nach einer viel zu langen Zeit kamen wir wieder beim Auto an, in dem glücklicher Weise noch Kleidung lag. Eigentlich die Schmutzkleidung die noch gewaschen werden musste, aber sie war trocken, also war es erstmal eine bessere Alternative als die nassen Lappen die wir gerade trugen. Atlas rubbelten wir so gut es ging trocken und wickelten ihn in seine Decke. Im Auto zogen wir uns um, ballerten die Heizung auf Anschlag und meckerten über die schlechten Jacken, die wir definitiv zurückgeben würden…
Zurück beim Campingplatz kümmerte ich mich um die Wäsche. Wir hatten jetzt sehr viel schmutzige Kleidung und es musste alles sauber und trocken sein, denn eigentlich wollten wir den nächsten Tag direkt weiter fahren nach Füssen und dann Bräunlingen im Schwarzwald. Ich wusch alles per Hand nutzte einen der münzbetriebenen Trockner die sie dort auf dem Campingplatz hatten. Jonas kochte uns ein leckeres Essen im Zelt - der Regen hatte leider noch immer nicht aufgehört - und ich wartete darauf, dass der Trockner endlich fertig ist.
Jetzt begann die Tragödie, die dazu führte, dass wir unsere Reise vorzeitig abbrechen würden. Nach dem Essen wollte ich die Wäsche aus dem Trockner holen… Wie sich aber rausstellte waren die Klamotten noch immer pitschenass, einzig und allein die Temperatur hatte sich verändert. Ich hätte heulen können, es war schon irgendwas nach 21 Uhr und wir wollten am Morgen um spätestens 8 Uhr los, wie soll das denn noch was werden? Wir hatten keine 2€ Münzen mehr, mir blieb also nichts anderes mehr übrig als die Sachen auf die Wäscheleine zu hängen und auf das Beste zu hoffen. Ich ging duschen - bei kaltem Wasser, weil der Campingplatz wohl etwas gegen spätes Duschen hat - und ging im Regen wieder zurück zum Zelt. Die Stimmung war angespannt, wir hatten beide für den nächsten Tag keine saubere bzw. trockene Kleidung.
Während der Regen weiter auf unsere Zeltdecke drückte, schliefen wir ein und träumten von trockener Kleidung…
31.07.21
Um 7 Uhr waren wir wach, und fingen direkt an unsere Sachen zusammenzupacken. Wir wollten in Garmisch-Partenkirchen frühstücken, also brauchten wir nicht länger auf dem Campingplatz bleiben als nötig. Es regnete noch immer, und auch unsere Laune hatte sich nicht verändert - tatsächlich sollte sie sogar noch schlechter werden. Wir teilten uns auf, Jonas räumte den Rest ins Auto und kümmerte sich ums Zelt. Ich wollte die Klamotten einsammeln. Leider musste ich dann mit großem Frust feststellen, dass unsere Kleidung noch immer sehr feucht war. Das Aufhängen hatte kaum was gebracht - die Idee also; nochmal schnell den Trockner verwenden!
Ich hatte schon unseren nächsten Campingplatz recherchiert und mit bedauern feststellen müssen, dass es dort keinen Trockner geben würde. Der Wetterbericht warnte vor enormen Regenfällen und teils Stürmen für die kommenden Tage. Natürlich auch genau über unseren weiteren Reisezielen.
Ich suchte also nach einem einzigen 2€ Stück. Wir hatten 1€ und 50ct, aber keine verdammten 2€. Also sprach ich willkürlich Leute an, die in das Haupthaus des Campingplatzes kamen. Niemand konnte mein Geld wechseln. Und dann sah ich die Besitzerin, die könnte mir doch ganz sicher helfen! Ich fragte sie ob sie mir vielleicht mein Geld wechseln könnte, damit ich den Trockner verwenden kann, und sie sagte nur ganz kühl “Das Büro öffnet erst um 8 Uhr, da müssen Sie jetzt noch warten.” Ich erklärte ihr, dass wir um 8 Uhr weiter müssten um es zeitlich passend zu unseren nächsten Campingplatz zu schaffen. Der nächste Stopp war zwar Füssen aber der eigentliche Campingplatz war ja in Bräunlingen, fast 300km von Oberammergau entfernt.
Obwohl sie den Schlüssel zum Büro in der Hand hielt und gerade mal 3 Meter von der Tür entfernt stand, weigerte sie sich mir zu helfen und ging mit den Worten: “Unsere Maschienen sind Industriegeräte, die schaffen das in einer Stunde. Bis das Büro öffnet müssen sie nunmal warten.” - danke für Nichts.
Ich packte also die feuchten Sachen zusammen und konnte mir ein paar Wuttränen nicht verkneifen. Jonas hatte währenddessen schon fast alles zusammen geräumt. Los konnten wir aber trotzdem nicht, weil die Büroleitung - die ja erst um 8 Uhr auf hat - unser Kabel vom Strom abschließen musste. Wir warteten also bis sich eine der Damen dann mal gnädigte raus zu kommen und uns endlich erlöste. Wir bezahlten flott und die Chefin konnte es sich nicht verkneifen, uns nochmal unter die Nase zu reiben, dass sie ja jetzt Geld für den Trockner wechseln könnte… Mies gelaunt fuhren wir davon.
Unsere Stimmung war am absoluten Nullpunkt angekommen. Wir waren müde, erschöpft und frustriert. Unsere Kleidung war entweder feucht oder dreckig und meine Haare waren mal wieder nicht trocken, dank der hohen Luftfeuchtigkeit. Im Café Bar Berge aßen wir wirklich leckeres Frühstück und gingen unsere weiteren Pläne durch. Dabei mussten wir beide feststellen, dass wir keine Energie mehr hatten.
Der Regen der letzten Tagen steckte uns wortwörtlich in den Knochen. Unsere tollen Regenjacken waren absoluter Müll, wir würden unsere Kleidung nicht trocknen können und die Aussicht auf mindestens 2-3 weitere Tage Regen stimmten uns nicht sehr freudig. Also checkten wir die Route nach Hause. Ungefähr 850km, vielleicht etwas mehr, lagen zwischen uns und unserem warmen und trockenen Heim. Laut Google bräuchten wir 8 Stunden, realistisch wohl deutlich länger, aber wir entschieden uns, trotz des weiten Weges, nach Hause zu fahren.
Einfach war diese Entscheidung nicht. In unserem Stolz waren wir bzw. vorallem ich sehr gekränkt. Ich wollte diese Reise unbedingt schaffen. Auf Insta sehen solche Roadtrips doch immer so idyllisch aus, wie konnte es sein, dass wir so einfach aufgaben. Natürlich weiß ich heute, dass Instagram eine Plattform für völlig unrealistische und überzogene Selbstdarstellung ist, aber zu diesem Zeitpunkt war ich wirklich traurig, dass wir nicht wie andere Abenteurer waren und uns Allem widersetzten…
Die Traurigkeit verflog aber schnell, als wir zügig eine Stadt nach der Nächsten hinter uns ließen und Hamburg immer näher kam. Wir sangen mit unserer Roadtrip Playlist und mit jeder vergangenen Stunde stieg die Vorfreude auf unser bequemes Bett.
Zwar hatten wir nur die Hälfte unserer geplanten Tour geschafft, aber wir waren um so viele wertvolle Erkenntnisse und Erfahrungen reicher. Während wir Hamburg immer näher kamen, ließen wir die letzten Tage revue passieren. Was gefiel uns besonders? Was hätte besser sein können? Wir stellten schnell fest, dass unser nächster Urlaub definitv anders aussehen würde, und obwohl wir schon so lange ein Paar sind, hatten wir im Thema Urlaub noch nie so einschlägige Erfahrungen gemacht.
Nach 10 Stunden Fahrt, erreichten wir bei glühendem Sonnenuntergang Hamburg. Wir hatten sogar Glück und bekamen einen Parkplatz direkt in unserer Straße. Wir räumten das Auto in Rekordzeit aus und schmissen uns danach erstmal auf unser wunderbares Bett. Dankbar lagen wir da und waren unfassbar glücklich wieder Zuhause zu sein. Trockene Kleidung. Trockene Umgebung. Und endlich wieder eine ruhige und tiefe Nacht…
Fazit
Unsere erste Campingreise, mit eigenem Auto und vielen Zielen hat uns viel gelehrt:
Weniger Ziele!
Wir hatten kaum Zeit die überwältigenden Eindrücke zu verarbeiten. Ein Überfluss an fabelhaften Erinnerungen und Erlebnissen, die wir nicht richtig schätzen konnten.Mehr Zeit an den einzelnen Zielen!
Wir wären unheimlich gerne länger in Inzell geblieben, aber der feste Zeitplan und die vielen Orte die noch besucht werden wollten, hinderten uns daran.Ausrüstung unbedingt testen!
Die Jacken haben wir nach dem Urlaub direkt zurückgegeben - nicht ohne große Diskussion - aber es wäre besser gewesen, vorher zu wissen was uns für Ärger mit denen erwarten würde. *Mittlerweile haben wir Beide sehr gute, sehr teure Outdoorjacken, mit denen wir zu 100% zufrieden sind.Feuchtigkeitsschutz!
Während des Trips hatten wir tatsächlich 4 mittelgroße Kunststoff Boxen gekauft, um unsere Sachen vor Feuchtigkeit zu schützen. Besser wäre noch etwas zum Zelt und Auto entfeuchten gewesen.Weniger Stress, mehr Spontanität!
Dieser Punkt richtet sich besonders an mich. Die Planung der Reise lag in meiner Verantwortung und ich wollte unbedingt alles so haben wie ich es mir wochenlang überlegt hatte. Mir, und auch Jonas, hätte es besser getan wenn ich nicht so verbissen gewesen wäre und einfach mal gechillt hätte.
Schlussendlich war diese Reise eine Bereicherung. Zwar nicht nur Positiv, aber trotzdem unvergesslich und sehr einprägsam. Unsere Beziehung ist an den Herausforderungen gewachsen, mein Ego wurde belehrt und unsere Reiselust wurde noch weiter angestachelt. Denn diese Impressionen, Erlebnisse und Begegnungen werden uns für immer begleiten und verbinden. Dafür bin ich dankbar und ich kann es kaum erwarten weitere verrückte Abenteuer mit meinen beiden Männern zu erleben.
Danke, dass du dir meinen Reisebericht durchgelesen hast. Ich hoffe dich ganz bald wieder in eine meiner Erzählungen entführen zu dürfen.
Angi ♥