Hallo Deutschland - Teil 2
NACKHEIT
Die Stimmung kippte und die Freude am Campen begann zu schwinden. Alles war feucht, es hatte wie aus Eimern geschüttet und unser Zelt stand zwischen 2 Bachläufen, selbst meine Dreads waren klamm, weil die Luftfeuchtigkeit so hoch war… Ein absoluter Graus und etwas mit dem ich nicht gerechnet hatte…
26.07.21
8:40 Uhr und ich koche Wasser auf für einen Morgenkaffee der uns hoffentlich die Müdigkeit aus dem Hirn ballert. Wir frühstücken Müsli und planen unsere Wanderung für den Tag. Morgen würde es weiter ins Berchtesgardener Land gehen, also war nicht allzuviel Zeit für lange Wanderungen.
Auf dem Plan stand die Kleinsteinhöhle, ca. 11km mit dem Auto entfernt und eine kurze Wanderung von ungefähr einem Kilometer. Außerdem die Festung Königstein und später ein feines Bio Restaurant in dem ich bei meinem ersten Besuch im Elbsandsteingebirge köstlich gespeist hatte.
Die Kleinsteinhöhle ist wirklich sehenswert, nicht nur wegen der tollen Aussicht, sondern auch wegen den traumhaften Felsformationen. Ich hatte schon die lange Zeit die Idee, meine “Felsbilder” von 2019 nachzustellen und eine aktuelle Version zu knipsen. Diese Höhle bot sich perfekt dafür an, tatsächlich waren nämlich keine weiteren Wanderer da und so hatten wir die Möglichkeit ungestört zu fotografieren und ein paar wirklich schöne Bilder einzufangen. An der Stelle ein dickes, fettes Dankeschön an Jonas, der meine Kamera bediente und sie festhielt, da das neue Stativ (extra für diesen Urlaub gekaufte) das Gewicht nicht halten konnte…
Mein erster Gedanke zu diesen Bildern, als ich sie Zuhause auf meinem PC öffnete, war: “Ich sehe aus wie ein Teil der Felsen!”. Die Struktur der Felsen ähnelte meiner Haut, meiner Form, mir. Ich war begeistert und fühlte mich elementar verbunden mit Mutter Erde und ihrer Schöpfung. Ich war fast zu Tränen gerührt denn die erste Version dieser Bilder zeigte eine junge Frau die alles dafür tat kleiner zu werden, weniger Raum einzunehmen, zu verschwinden… Und dann sehe ich diese gewachsene Frau, diese Naturgewalt und mutige Kämpferin, die alles dafür tat, zu sich selbst zu finden, zu wachsen und gesund zu werden…
Die -unter anderen- ersten Worte meiner Mutter, als sie die Bilder sah waren: “Du hast die schlechten Gene von mir geerbt.” …
- dazu werde ich erstmal nichts weiter sagen, es wird ein Blogpost zu diesem Thema folgen.
Zum richtigen Zeitpunkt zog ich mich wieder an, eine Gruppe mit Kindern krabbelte gerade den steilen Wanderweg rauf. Wir gingen entspannt runter und genossen noch die blumige Umgebung, in der sich unzählige Schmetterlinge und Käfer tummelten. Im kleinen Bachlauf kühlte Atlas sich ab und wir setzten uns ins Auto, nächster Stop: Festung Königstein.
Die Route, die wir für den Weg zur Festung rausgesucht hatten, ging über Hügel und Felder, durch kleine Ortschaften und über Brücken. Ich hatte das Vergnügen zu fahren und hatte enorm viel Spaß rauf und runter zu düsen.
Bei der Festung angekommen, parkten wir das Auto im Parkhaus und gingen die letzten Höhenmeter zur Festung zu Fuß. Zu dem Zeitpunkt war es schon wieder extrem heiß und drückend. Atlas war wieder K.O. und wir hingen auch ziemlich in den Seilen. Tatsächlich hatten wir keine Interesse in die Festung zu gehen, stattdessen schauten wir uns die Touri-Attraktion lieber von außen an und entschieden dann wieder runter zu gehen. Im Auto knallte ich die Klimaanlage wieder auf volle Pulle, während Jonas sehr lange für - wie sich rausstellen sollte - echt ekliges veganes Eis anstand. Aber ganz ehrlich, irgendein Schmu mit Sanddorn kann auch einfach nicht geil sein. Leute wir wollen doch auch nur die klassischen Sorten… Ich warte immer noch auf Stracciatella in vegan - Stracciavella oder so…
Jetzt war es an der Zeit Jonas das tolle Restaurant zu zeigen, in dem ich so lecker gegessen hatte, also fuhren wir vom Campingplatz direkt nach Schmilka zum Biohotel Helvetia. Auf der Fahrt begann es wie aus Eimern zu schütten. Es regnete so sehr, dass die Straße kaum zu sehen war. Während ich eine Dusche erhielt, half ich Jonas in eine winzige Parklücke zu manövrieren. Meine Schuhe hätte ich zu diesem Zeitpunkt auch einfach ausziehen können. Wir traten ein und suchten mit den Augen bereits nach einem Tisch als sich ein Kellner vor uns stellte und uns mitteilte, dass sie wegen Corona ausschließlich Hotelgäste bewirten. Ich hätte heulen können, ich wollte Jonas so gerne das leckere Essen zeigen, war halb am verhungern und war sowieso schon mega genervt so nass zu sein… Wir zogen also wieder ab und der Regen hörte auf, sodass ich uns ein spontanes Mahl zubereiten konnte, das nicht komplett soggy war.
Der Abend kam und wir hatten bereits einen Großteil unserer Sachen eingepackt, um am nächsten Morgen früh starten zu können. Die Stimmung war im Keller. Ich hatte geduscht aber wurde nicht trocken, da die Luftfeuchtigkeit so extrem hoch war. Meine Kleidung und das innere vom Zelt waren ebenfalls klamm. Es war zum Mäuse melken… und rückblickend tut es mir unendlich leid, dass ich meine schlechte Laune so ungeniert an Jonas rausgelassen habe…
27.07.21
Der Schlaf besserte leider nicht meine Laune, also grummelte ich den Morgen über vor mich hin bevor wir dann bei bestem Wetter um 9:30 Uhr Richtung Nürnberg starteten.
Die Strecke von Bad Schandau bis zum Berchtesgadener Land war mit ca. 620km die längste Route, weswegen wir den Halt in Nürnberg einlegen mussten. Wir waren immerhin immernoch Fahranfänger und brauchten echt mal ne Pause. Eine andere Route z.B. durch Tschechien war nicht möglich / zu umständlich Aufgrund der Corona Regelungen.
Nürnberg ist unerwartet schön. Die kleinen alten Gebäude und Festungsmauern erlauben eine kleine Zeitreise in längst vergangene Tage. Zwischen den alten Gemäuern finden sich zig vegane Restaurants die mit modernem Flair überzeugen.
Meine Laune wurde besser. Spätestens als wir super leckere vegane Donuts verputzten war mir auch wieder klar, dass wir an diesem Tag unseren 2. Hochzeitstag feierten. Der Herz Donut schmeckte dann natürlich noch besser.
Als es wieder unerträglich warm wurde machten wir uns auf den Weg zu unserer Zieldestination: Inzell im Berchtesgadener Land.
Die Strecke war unglaublich anstrengend, da es stumpf die ganze Zeit geradeaus ging. Ich war ziemlich platt und mit den ganzen Eindrücken überfordert. Als ich dann zum aller ersten Mal in meinem Leben “richtige” Berge sah war es emotional echt vorbei. Bei Chiemsee mussten wir kurz eine Pause machen weil ich nervlich aufgeweicht war. Nach ein paar Tränen übernahm Jonas das Steuer und fuhr uns den Rest sicher zum Parkplatz des Campingplatzes.
Es war unglaublich Berge zu sehen. Ich konnte kaum fassen, was unsere schöne Erde da vorgebracht hat. Und vorallem, dass es so “nah” an uns dran war. Es war überwältigend und beeindruckend. Ich vermute nicht jeder kann meine Reaktion verstehen, aber alles was unsere Natur kreiert ist für mich wie Magie. Also stell dir vor du siehst einen Zaubertrick, der dich völlig überwältigt oder du siehst ein Einhorn. So empfinde ich, wenn ich Pachamama sehe und erlebe.
Die Sonne war bereits lange untergegangen als wir auf den Parkplatz des Campingplatzes rollten. Einchecken konnten wir also nicht mehr.
Allerdings war der Parkplatz für “Nachtanreisende” ausgelegt und besaß alle möglichen Anschlüsse die man für`s Campen so braucht - außer unseren. In unserer ganzen Planung haben wir eines nicht bedacht - der blöde CEE Stecker der für jeden Campingplatz in Deutschland Norm ist. Doch wie der Zufall so will, war ein netter Camper gleich zur Stelle und legte uns mit einer Kabeltrommel eine Leitung zu seinem Strom. So wurden unsere veganen Nahrungsgüter also gerettet.
Während also unsere Kühltruhe im Auto vor sich hin chillte (hehe), bauten wir hastig unser Zelt auf, immerhin waren wir schon ziemlich müde und auf unseren Hochzeitstag wollten wir auch noch anstoßen. Aufgebaut, hingezimmert und improvisiert stand das Zelt endlich unter einem kleinen Baum, davor unsere Campingmöbel, dekoriert mit Lichterkette und zwei Bechern für unseren lieblings Riesling.
Glückseelig stießen wir auf 2 Jahre erfolgreiche Ehe an und übergaben uns unsere Geschenke. Jonas bekam einen veganen Indisch Kochkurs von mir und Ich bekam einen Gutschein für einen Spanisch Kurs. Der Wein schmeckte besonders gut und ließ uns tief schlafen…
Der nächste Teil folgt!
Angi ♥